Kreuzbandriss beim Kleintier

Funktion des Kreuzbandes, Ursachen des Kreuzbandrisses beim Hund

Das vordere und hintere Kreuzband fangen unter anderem die Schubmomente im Gelenk auf, stabilisieren es und erlauben das Beugen und Strecken im Gelenk.

Der Riss des vorderen Kreuzbandes beim Hund ist die häufigste Bänder- und Sehnenverletzung, sowie die Hauptursache für Arthrose im Kniegelenk. Der Kreuzbandriss ist eine der häufigsten Lahmheitsursachen der Hintergliedmaße des Hundes.

Natürlich kommen bei Hund und Katze Unfälle vor, die zu einem Kreuzbandriss führen. Beim Hund ist jedoch das Kreuzband meist vorgeschädigt, weshalb lapidare Trauma dann zum Riss führen. Oft ist der Hund lediglich über einen Graben gesprungen, oft wird sogar ohne ersichtlichen Grund plötzlich gehumpelt. Deshalb ist die diagnostische Abklärung der Ursachen und Faktoren, die wegbereitend für den Kreuzbandriss waren, von herausragender Bedeutung und trägt entscheidend zur Wahl der Operationsmethode bei.

Die Röntgenaufnahme zeigt, wie die Oberschenkelgelenksfläche regelrecht hinter der des Unterschenkels positioniert ist (Dislokation). Die Gelenksfläche des Unterschenkels ist sehr steil. Nach dem Riss des vorderen Kreuzbandes wird der Gewichtskraft und Beschleunigungsenergie nichts mehr entgegengehalten. Das Ausgleiten der Oberschenkelgelenksfläche über den Meniskus verursacht meist starke Schmerzen und Lahmheit. In diesem Bild ist die Oberschenkelgelenksfläche regelrecht verlagert. Gerade bei den kleineren Hunden beobachten wir oft sehr steile Gelenksflächen. Unbehandelt sehen wir öfter Hunde, die dieses Gelenk nicht mehr beugen können weil die Sehnen und Bänder sich nach der Dislokation verkürzt haben.

Ursachen des Kreuzbandrisses beim Hund

Auslöser:

Eine plötzliche Innenrotation bei 20-30° Vorbeugung wird als auslösend angenommen, sowie eine Überstreckung. Im Unterschied zum Menschen ist die Ruptur meist von keinem oder nur von einem Bagatelltrauma ausgelöst.

Deshalb werden Vorschädigungen durch ein Mikrotrauma diskutiert

·Degenerative Veränderungen die auf eine Vorschädigung hinweisen wurden beobachtet.

·Immunologische Vorgänge könnten eine Rolle spielen, Rheumafaktor, Antikollagen-Antikorper und Immunkomplexe wurden in Gelenken nach Kreuzbandriss gefunden.

· Anatomische Besonderheiten werden als bedeutsam diskutiert

· - Ein verengter Interkondylärspalt (Spalt zwischen den Oberschenkel-Gelenk-Rollen).

· - Der anatomische Winkel des Tibia Plateaus (Gelenkfläche auf der der Oberschenkel auf dem Unterschenkel aufliegt und rotiert) sowie die Winkelung des Tibia Plateaus im Stand.

Um so stärker die Unterschenkelgelenksfläche geneigt ist, um so größer ist die Last (Gewichtskraft), die bei jeder Bewegung (Beschleunigung) auf das Kreuzband übertragen wird. Diese auf das Kreuzband übertragene Kraft wird Tibiaschub genannt [Slocum 1983].

·Für fast jede Rasse werden Kreuzbandrisse beschrieben.

·Prädisponierte Rassen sind Rottweiler, Neufundländer, Staffordshire Terrier, Retriever.

·Greyhounds erkranken fast nie am Kreuzband – „Protected Breed=geschützte Rasse“.

·Für eine Prädisposition spricht das mit 14-37% angegebene häufige beidseitige Auftreten einer Ruptur [14% Timmermann, Meyer-Lindenberg, Nolte 1996, 22% Slocum, 28% Strande 1967, 37% Doverspike et al. 1993]– d.h. bei mindestens 14% rupturiert das Kreuzband der anderen Seite in der Folgezeit.

·Übergewichtige oder Hunde mit hohem Gewicht sind ebenfalls überrepräsentiert bei Hunden mit Kreuzbandriss. Das Ausmaß der Vorschäden ist abhängig vom Gewicht [Vasseur 1985].

Die meisten der betroffenen Hunde haben bis zum 10ten Lebensjahr einen Kreuzbandriss. Es gibt ein gehäuftes Vorkommen bei 3-4 und 9 jährigen Hunden. Hunde großer Rassen erkranken meist vor dem neunten und die kleiner Rassen meist nach dem neunten Lebensjahr.

Bei einem Gewicht von mehr als 10kg ist immer eine operative Versorgung zu empfehlen. Patienen unter 10kg sollten ebenfalls operiert werden um Meniskusschäden vorzubeugen und das Arthroserisiko zu minimieren. Es ist jedoch möglich, dass einige dieser Patienten unter 10kg Körpergewicht nach einiger Zeit ohne Operation laufen können. Fallbezogen sollte ein operatives Vorgehen mit dem Besitzer diskutiert werden.

 


[1] Kernzerfall von Fibrozyten, Untergang von Kollagenfaserbündeln, Knorpelmetaplasie, dystrophische Verkalkung mit fiböser Reparation und Vaskularisierung [Vasseur 1985]

Bei histologischen Untersuchungen scheint im Bezug auf den Zeitpunkt der Probenahme nach Ruptur CCL, akute und chronische Risse, das statistische quantitative Vorkommen entzündlicher Infiltrate nicht unterschiedlich zu sein (Galloway und Lester 95)

 

[2] Hunde mit Osteoarthrose z.B. nach Kreuzbandriss haben erhöhte Rheumafaktor – Titer im Serum (allerdings 18-27% aller Hunde haben erhöhte Rheumafaktor – Titer)

 

Die Slocum Tibial Plateau Levelling Osteotomy®

Die TPLO® nach Slocum kann oft die maßgeschneiderte Lösung für die Therapie eines caninen Kreuzbandrisses sein. Die Notwendigkeit das Schubladenphänomen zu eliminieren, besteht mit dieser Technik nicht. Stattdessen wird der Winkel des Tibiaplateaus soweit modifiziert, dass der craniale Tibiaschub weitestgehend aufgehoben wird.

Weitere Informationen und Literatur-Diskussion finden Sie zum Thema unter dem Link TPLO.

Die Schwankungen des Operationserfolges sind bei anderen Methoden groß. Schwere Hunde, kräftige Rassen, sehr lebhafte Patienten, vorbestehende degenerative Veränderungen wie Osteoarthritis limitieren den chirurgischen Erfolg bei herkömmlichen Techniken.

Für die Durchführung und Stabilisierung der Osteotomie ist eine außerordentliche Präzision notwendig. Ein spezielles Instrumentarium wurde entwickelt, um diese Operation mit minimalem Trauma durchführen zu können. Neben dem üblichen chirurgischen und ortopädischen Operationsbesteck wird die nebenstehend abgebildete Sichel-förmige oszillierende Säge benötigt (unten links). Eine kleine Auswahl der verwendeten Platten befinden sich rechts in der Bildmitte, sowie darüber eine spezielle Einspannvorrichtung. Die Technik wurde patentiert und die Teilnahme an einem „Residency-Kurs“ ist notwendig, um eine Lizenz für die Durchführung der Technik zu erhalten. Wenige „Kleintierorthopäden“ weltweit sind für diese Operationstechnik lizenziert.

Durch die Maximierung der Chance auf die volle Wiederherstellung der athletischen Funktion, hat sich die Slocum TPLO® für große und aktive Hunde rapide zur Therapie der Wahl entwickelt. Es existieren unterschiedliche Platten und Systeme um der individuellen Situation und Körpergewicht gerecht zu werden. Ganz besonders haben uns die Erfahrungen mit kleineren Hunden (<10kg) positiv überrascht. Interessanter weise können (ca 50% der) Hunde unter 10 kg ohne offensichtliche Lahmheit einen Kreuzbandriss kompensieren. Andererseits treten gerade bei den kleineren Patienten erhebliche Lahmheitsprobleme auf, die mit der TPLO sehr zufriedenstellend behoben werden können. Häufig haben diese nämlich zusätzlich ein Problem mit der Patellaluxation (die Kniescheibe springt aus Ihrer Gleitfläche), was gleichzeitig mit der TPLO elegant behoben werden kann.

Berechnung des Tibiaplateau-Winkels. In dieser Aufnahme fällt der graue Schatten im Gelenk auf. Er entspricht dem Erguss im Gelenk nach Kreuzbandriss. Das 2. Röntgenbild zeigt die Versorgung mit TPLO®.

Bei diesem Patienten wurde aufgrund des Übergewichtes eine verstärkte Platte verwendet. Gleichzeitig wurde mittels TPLO eine vorhandene mediale Patellaluxation Grad III und Varus Deformität der Tibia korrigiert.

Lateral Suture System – “laterale Seitennaht”

Die TPLO ist nicht die einzige erfolgreiche Technik zur Behandlung des Kreuzbadrisses. Die Operationstechnik zur Versorgung des Kreuzbandrisses sollte auf Basis breiter Diagnostik nach Indikation ausgewählt werden. So sollte u.a. durch Lahmheitsuntersuchung und Röntgenaufnahmen überprüft werden ob andere Faktoren, wie Verdachtsmomente von Bandscheibenerkrankungen oder Hüftdysplasie etc. vorliegen. Die Geschichte der Entstehung des Kreuzbandrisses sollte aufgearbeitet werden. Diese Informationen sind wichtig für die Wahl der verwendeten Operationsmethode.

Vergleichbar erfolgreich bei der Behandlung des vorderen Kreuzbandrisses ist das CCL (Cranial Cruciate Ligament) Lateral Suture System (und vergleichbare Techniken). Dieses seitlich angelegte Nahtsystem (Nylon) imitiert den Verlauf des Kreuzbandes und hebt das Schubladen Phänomen auf. Dies ist eine effiziente und verhältnismäßig kostengünstige Operationsmethode, die wir ebenfalls in der ART-Kleintierpraxis anbieten. Wir finden mit Ihnen die für Sie sinnvollste Lösung für Ihren Hund.

Weitere Informationen und Literatur-Diskussion finden Sie zum Thema unter dem Link Lateral Suture System – “laterale Seitennaht”. Möchten Sie mehr erfahren? – Bitte wenden Sie sich an uns!

Literaturbelege:

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Corr S, Brown C (2007) A comparison of outcomes following tibial plateau levelling osteotomy and cranial tibial wedge osteotomy procedures. Vet Comp Orthop Traumatol 20(4): 312-9.

Corr S (2009) Decision making in the management cruciate disease
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Damur D, Montavon P (2006) Tibial tuberosity advancement – TTA. Grundlagen und derzeitige Empfehlungen Vortrag im Rahmen der 37. SVK Jahresversammlung, 18. – 20. Mai, Interlaken, Schweiz.

Dymond N, Goldsmid S, Simpson D (2010) Tibial tuberosity advancement in 92 canine stifles: initial results, clinical outcome and owner evaluation. Aust Vet J 88 (10): 381-5.

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Pond M, Campbell J (1972) The canine stifle joint: 1. Rupture of the anterior cruciate ligament, an assessment of conservative and surgical treatment. J Small Anim Pract 13: 1-10.

Timmermann C, Meyer-Lindenberg A, Nolte I (1996) Zur Meniskusverletzung bei Hunden mit Kreuzbandriss. Dtsch Tierärztl Wschr 105.